Markanter Stimmungswandel beim Sparen und Anlegen

Immobilien haben Bausparvertrag und Sparbuch als jene Spar- und Anlageformen, die als besonders interessant betrachtet werden, vom Thron gestoßen, so das aktuelle GfK-Stimmungsbarometer. Gold erlebt einen besonders starken Aufwärtstrend. Zu den Klassikern, die an Sympathie einbüßen, zählen auch Lebensversicherung und Pensionsvorsorge. Allerdings legt eine Erste-Umfrage nahe, dass Sympathie und tatsächliche Investition nicht zwangsläufig Hand in Hand gehen: Sparbuch und Bausparer sind darin nach wie vor eindeutig die Favoriten.

Die GfK Austria GmbH erhebt regelmäßig in Umfragen, welche Spar- und Anlageformen die Österreicher für „besonders interessant“ halten – unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Am Mittwoch hat das Marktforschungsinstitut die aktuellen Zahlen für das erste Quartal 2016 veröffentlicht, Umfragezeitraum waren die Monate Jänner bis März.

Ein Blick auf den zehnjährigen Trend zeigt einen deutlichen Umbruch in der Stimmungslage, der 2013/14 eingesetzt und zuletzt offenbar kräftig an Fahrt gewonnen hat. „Das anhaltend niedrige Zinsniveau hinterlässt deutliche Spuren bei Herrn und Frau Österreicher“, beschreibt GfK die Lage.

Absturz für die „Klassiker“

Die Entwicklung der Sympathiekurven der einzelnen Spar- und Anlageformen von 2006 bis 2016.

Die Entwicklung der Sympathiekurven der einzelnen Spar- und
Anlageformen von 2006 bis 2016.

Einen regelrechten Absturz hat das Sparbuch erlebt. Der einstige haushohe Primus unter den zwölf abgefragten Spar- und Anlageoptionen – 2009 fanden es 52 Prozent besonders interessant – liegt im ersten Quartal nur noch auf dem fünften Platz.

Und das ziemlich abgeschlagen: Nur 19 Prozent können sich dafür erwärmen, ihm das Prädikat „besonders interessant“ zu geben. Selbst wenn man das „Online-Sparkonto“ hinzuzählen würde, nach dem seit 2015 gefragt wird, kämen beide Sparformen zusammen nicht unter die ersten drei.

Dem Bausparvertrag geht es kaum besser. Auch er war zeitweise die beliebteste Variante und matchte sich mit dem Sparbuch. Davon ist aktuell nicht viel übrig. 30 Prozent fühlen sich ihm verbunden, das ist bloß noch der dritte Platz. Zum Vergleich: Seinen Zenit hatte er 2011 mit 53 Prozent erreicht.

GfK-Finanzmarktforscher Sebastian Huchler zeigt sich davon nicht überrascht: „Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus liegt die tatsächliche Sparquote auf einem absoluten Minimum. Der Anreiz, in traditionelle Sparprodukte zu investieren, ist daher äußerst gering.“

Dämpfer auch für Versicherungen und Pensionsvorsorge

Geringes Zinsniveau und ökonomische Unsicherheiten, so GfK, schlagen sich auch in den Beliebtheitswerten der klassischen Altersvorsorge nieder. „Sowohl die private als auch die staatlich geförderte Pensionsvorsorge verlieren weiter an Attraktivität.“

Beispiel staatlich geförderte Pensionsvorsorge: Nachdem sie 2007 und 2011 Spitzenwerte von jeweils 22 Prozent erreicht hatte, hat sie zuletzt laufend an Sympathie eingebüßt. Zurzeit liegt sie bei zehn Prozent.

Parallel dazu verläuft, nur leicht höher, die Kurve der Lebensversicherung, die zurzeit 13 Prozent hinter sich versammeln kann. Ihre Höchstwerte waren 28 Prozent (2007) und 26 Prozent (2011).

Schlusslicht im gesamten Ranking ist die „private Pensionsvorsorge“. Bloß neun Prozent finden sie derzeit besonders interessant. Auch sie hatte 2011 den Höhepunkt erreicht (18 Prozent).

Immobilien werden erstmals als attraktivste Form gesehen

Neue Nummer eins sind Eigentumswohnung und Haus: 37 Prozent halten diese Anlagekategorie momentan für besonders interessant. Seit 2013 hat sie sich damit kontinuierlich um sechs Prozentpunkte hochgearbeitet, im Vergleich zu 2008/09 um mehr als zehn.

Parallel dazu hat sich die Option „Grundstücke kaufen“ entwickelt. 32 Prozent finden diese Möglichkeit zurzeit besonders interessant. Das ist Platz zwei hinter Haus und Wohnung.

„In anderen europäischen Ländern und den USA ist schon seit Längerem eine entsprechende Tendenz hin zum Eigenheim vorhanden – mittlerweile scheinen sich die Österreicher aufgrund der aktuellen Entwicklungen auf den Finanzmärkten von ihren lange bevorzugten Produkten loszusagen und dem internationalen Trend zu folgen“, kommentiert GfK.

Gold Kopf an Kopf mit dem Bausparer

Neben Immobilien hat auch ein anderer „fester“ Wert rasant an Aufmerksamkeit gewonnen. Mit 29 Prozent liegt Gold nun praktisch auf Augenhöhe mit dem Bausparvertrag.

Den Sparstrumpf betrachten mittlerweile 14 Prozent als attraktive Alternative. Vor der Finanzkrise hatten das nur fünf Prozent getan. Huchler sieht auch darin eine schlüssige, wenn auch bedenkliche Entwicklung: „Bei den aktuellen Diskussionen um Negativzinsen ist es wenig verwunderlich, wenn Menschen ihr Geld lieber unter der Matratze horten, als es zur Bank zu bringen.“

Hoffnungsschwund

Fazit von GfK: „Der Anlagemarkt nähert sich internationalen Strukturen an – ‚sichere‘ Sparangebote mit niedrigen Zinsen werden zunehmend abgelehnt.“

Es habe einige Jahre gedauert, bis Österreich zu internationalen Trends aufgeschlossen habe. Inzwischen seien das Interesse an klassischen Produkten mit niedrigen Zinsen beziehungsweise die Hoffnung auf Besserung der Situation aber „derart geschwunden“, dass immer mehr alternative Geldanlagen in Erwägung gezogen würden.

Wunsch und Wirklichkeit

Erst vor wenigen Tagen hat die Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG ihre aktuelle „Spar- und Kreditprognose“ vorgestellt, für die die Integral Markt- und Meinungsforschungs-GmbH 1.000 Personen befragt hatte (VersicherungsJournal 9.5.2016).

Deren Ranking sieht um einiges anders aus. Sparbuch und Sparkarte führen gemeinsam mit dem Bausparvertrag die Tabelle deutlich an, im Mittelfeld gefolgt von Lebensversicherung und Pensionsvorsorge. Immobilien kommen, wiederum mit einigem Abstand, erst auf Platz fünf. Formen wie Fonds oder Gold erreichen nur relativ geringe Anteile.

Allerdings war die Fragestellung der Ersten eine andere. Während GfK sozusagen nach dem „Wie hätten wir ’s gern?“ gefragt hat und wissen wollte, was grundsätzlich als interessant erachtet wird, haben Erste und Integral nach dem „Wie gehen wir ’s tatsächlich an?“, sprich: nach den geplanten Spar- und Anlageformen, gefragt.

So interpretiert, entscheiden sich die Österreicher zwar letztlich vorzugsweise für Sparbuch, Bausparvertrag und auch für Lebensversicherung und Altersvorsorge; die größeren „Sympathien“ liegen aber eigentlich woanders.

Quelle: http://www.versicherungsjournal.at/versicherungen-und-finanzen/markanter-stimmungswandel-beim-sparen-und-anlegen-16562.php?link=1

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