Anbieter wollen hoch verzinste Bausparverträge kündigen

Nach einer Kündigungswelle deutscher Bausparverträge droht 7000 österreichischen Wüstenrot-Kunden die Auflösung hochverzinster Altverträge.

Der Streit um gutverzinste Bausparverträge zwischen Anlegern und Bausparkassen wird nach Einschätzung der Arbeiterkammer Wien (AK) in einer juristischen Auseinandersetzung gipfeln. Rund 7000 österreichischen Wüstenrot-Kunden könnten ihre alten, hochverzinsten Bausparverträge gekündigt werden. In Deutschland sehen sich Bausparkassen bereits seit vergangenem Jahr mit Klagen gegen derartige Kündigungen konfrontiert. Die Deutsche Wüstenrot musste vor Gericht zwei Niederlagen hinnehmen, ein erster Fall landete nun vor dem deutschen Bundesgerichtshof. Die österreichische Rechtslage ist laut AK noch unklar.

Fixzinsen vor 1999

Ältere Bausparverträge sind für Sparer zu einer lukrativen Anlage geworden. Während heutzutage variable Zinsen vorgesehen sind, gab es vor dem Jahr 1999 noch Fixzinsen mit zum Teil mehr als zwei Prozent pro Jahr. Kein Wunder, dass Kunden, die über einen solchen Fixzinsvertrag verfügen, diesen auch behalten wollen und mitunter viel Geld darin veranlagen. In Zeiten von Nullzinsen sind die Altverträge für die Bausparkassen eine finanzielle Belastung. Vor allem Wüstenrot versucht daher seit längerem, sich der Altlasten zu entledigen – bisher jedoch mit geringem Erfolg. Die Salzburger Bausparkasse hatte im Oktober 2013 die Zinsen auf jenes Guthaben gesenkt, das die vereinbarte Bausparsumme überstieg. Ein von der AK angestrengter Musterprozess machte dem Institut jedoch einen Strich durch die Rechnung. Der Oberste Gerichtshof stufte die Zinssenkung als rechtswidrig ein. Laut AK hat das Urteil auch auf spätere Zinssenkungen Auswirkungen, denn im vergangenen Jahr hatte Wüstenrot die Zinsen auch für Beträge, die unter der vertraglich vereinbarten Bausparsumme liegen, reduziert.

Rechtslage unklar

Wüstenrot gab nach der Urteilsverkündung bekannt, die rund 7000 Bausparverträge mit hochdotierten Zinsen kündigen zu wollen. Sie seien „nicht tragbar für das Bausparkollektiv“. Dabei gehe es um „übersparte Verträge mit Einlagen bis zu zwei Millionen Euro, die zu 2,8 Prozent verzinst sind“, so Wüstenrot-Chefin Susanne Riess. Da der Bausparzweck dieser Verträge nicht erfüllt sei, würden diese aufgelöst. Laut Arbeiterkammer ist die österreichische Rechtslage unklar. Ob Wüstenrot jenen Bausparern, die ihr Geld bereits länger als sechs Jahre liegen haben, einfach so kündigen darf, sei offen. „Dazu gibt es noch keine Judikatur“, sagt Jurist Robert Panowitz von der AK Wien. „Bei Verträgen, bei denen es noch die Möglichkeit gibt, ein Bauspardarlehen aufzunehmen, sind wir der Ansicht, dass eine Kündigung nicht möglich ist“, so Panowitz. Wenn allerdings schon überspart sei, „ist das vielleicht anders zu sehen“. Eine gesicherte Rechtsprechung gebe es dazu jedenfalls noch nicht.

Musterverfahren geplant

Da die AK davon ausgeht, dass Wüstenrot mit den Kündigungen ernst macht, seien weitere Musterverfahren geplant, um die Rechtslage zu klären. An einem konkreten Fall eines Wüstenrot-Kunden werde laut Panowitz gerade gearbeitet. Während in Österreich die große Kündigungswelle noch aussteht, ist man in Deutschland schon einen Schritt weiter: Mehr als 200.000 Anlegern haben deutsche Bausparkassen im vergangenen Jahr gekündigt, etwa 1000 davon setzten sich dagegen vor Gericht zur Wehr. Zwar fielen die meisten Urteile zugunsten der Institute aus, die Deutsche Wüstenrot fuhr jedoch zwei Gerichtsschlappen ein. In beiden Fällen wurden Verträge gekündigt, deren vereinbarte Bausparsummen noch nicht vollständig angespart waren. Gegen eines der Urteile legte die Bausparkasse bereits Revision beim deutschen Bundesgerichtshof ein. Daraus könnte ein Präzedenzfall werden. Rechtsexperten erwarten, dass die Entscheidung des Höchstgerichts in Karlsruhe zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen wird. (Elena Pramesberger, 21.5.2016) –

Quelle: http://derstandard.at/2000037206306/Anbieter-wollen-hoch-verzinste-Bausparvertraege-kuendigen

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