OGH Urteil – Negativzinsen Teil 2

Banken müssen bei variablen Krediten Negativzinsen weitergeben

Erst kürzlich wurde das erste Urteil zum großen Thema der „Negativzinsen“ durch den OGH gefällt. Demnach darf ein Kreditnehmer nicht damit rechnen, aus einem Kredit ein Entgelt zu erhalten, wenn der Sollzinssatz nach der vereinbarten Zinsgleitklausel negativ werden sollte. Der OGH merkte in seinem Spruch explizit an, dass Kreditnehmer bestenfalls mit einem Zinssatz von Null Prozent rechnen können, gab jedoch kein explizites Urteil ab, ob Negativzinsen bis zur vereinbaren Kreditmarge gutgeschrieben werden müssen. Mit dem aktuellen Urteil 4 Ob 60/17b datiert mit 03.05.2017 hat der OGH diese Frage präzisiert:

Es ging darum, dass ein Kreditinstitut (einseitig) die vereinbarte Kreditmarge als Mindestzinssatz festgelegt hatte. Zusammenfassend stellt der OGH dazu nun fest, dass bei einem negativen Referenzzinssatz vom Kreditnehmer keine oder eine geringere Marge als der Aufschlag zu zahlen sei. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Vertragszweck ergibt sich, dass die beklagte Bank mindestens den Aufschlag als Sollzinsen verlangen kann. Ein derartiger Mindestzins stünde im Widerspruch zum tatsächlichen Parteiwillen.

Die Vertragsparteien haben die Chancen und Risiken zukünftiger Schwankungen der Finanzierungskosten bewusst durch die Bindung des Sollzinssatzes an den Referenzzinssatz geregelt. Der Kreditnehmer, der einer Zinsänderungsklausel zustimmt und keinen Fixzinssatz wünscht, geht – auch für den Kreditgeber erkennbar – von einer symmetrischen Verteilung von Chancen und Risiken aus. Bei dieser Lösung bleibt aufgrund der bisherigen Leistungen des Klägers die Entgeltlichkeit des Vertrags aufrecht. Zudem entspricht diese Lösung dem Symmetriegebot des § 6 Abs. 1 Z 5 Konsumentenschutzgesetz.

Aus unserer Sicht ist dieses Urteil für viele Kreditnehmer richtungsweisend. Eine einseitige Festlegung eines Mindestzinssatzes (Zinssatzuntergrenze) ohne Zinssatzobergrenze ist demnach bei Krediten mit variabler Verzinsung unzulässig. Neuverträge aber auch bestehende Kreditverträge sind darauf zu untersuchen. Im konkreten Anlassfall und bei Verstoß gegen das Symmetriegebot sind wohl auch nachträgliche Zinsrückzahlungen durch das jeweilige Kreditinstitut zu leisten.

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