Führungswechsel in der EZB verteuert Kredite

Eine starke Konjunktur im Euroraum in Kombination mit Spekulationen über die neue EZB-Führungsspitze treiben die langfristigen Zinsen nach oben.

Vom 15. Dezember 2017 bis 1. Februar 2018 stieg der für 10-jährige Fixzinsbindungen relevante 10-Jahres-Euro-Swapzinssatz von 0,78 auf 1,10%. Wer als Neukunde eine zehnjährige Fixzinsbindung abschließt, muss sich voraussichtlich gegenüber Mitte Dezember im Schnitt auf eine Verteuerung um 0,3 Prozentpunkten gefasst machen. Bei einer Kreditsumme von 200.000 Euro müssen Bankkunden dann jährlich um 600 Euro mehr an Zinsen bezahlen.

Was steckt hinter jüngstem Zinsanstieg?

Diese Frage ist für Kreditnehmer insofern relevant, da sie darüber entscheidet, ob es sich – wie so oft in den vergangenen Jahren – nur um ein zwischenzeitliches „Aufflackern“ oder um eine nachhaltige Zinswende, bald begleitet mit Leitzinsanhebungen der EZB, handelt. Letzteres Szenario würde bedeuten, dass sich auch die variabel verzinsten Kredite in den kommenden Jahren verteuern könnten. Leider spricht diesmal viel für eine nachhaltige Zinswende. Warum?

Bald neue Führungsspitze an der EZB

Während EZB-Präsident Mario Draghi noch bis 31. Oktober 2019 im Amt bleibt, endet die Amtszeit von dessen Stellvertreter, dem Portugiesen Vitor Constancio, am 31. Mai 2018. Noch bis 7. Februar können die Euro-Länder ihre Kandidaten vorschlagen. Am 19. Februar sollten dann die Finanzminister eine Personalentscheidung treffen. Wird ein Vertreter eines südlichen Eurolandes Vizepräsident der EZB, dann wächst die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vertreter aus dem Norden EZB-Präsident wird und umgekehrt. Bis dato sind erst 2 Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten bekannt, nämlich Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos und Irlands Notenbank-Chef, Philip Lane. Letzterer käme aber auch für den Posten des Chefvolkswirtes in Frage, dessen Stelle im Mai 2019 frei wird.

Dies erhöht wieder die Wahrscheinlichkeit für den Spanier und somit für einen neuen EZB-Chef aus einem nördlichen Euroland. Der naheliegende Vertreter des Nordens wäre Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank. Dieser gilt jedoch als Vertreter einer restriktiveren Geldpolitik. Unter seiner Führung würden die Leitzinsen stärker und schneller angehoben als unter der Führung eines Vertreters aus dem Süden. Diese Erwartungen spiegeln auch die aktuellen Swapzinssätze wider, während die Euribor-Sätze seit längerem den Boden erreicht haben.

Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass von nun an Kredite teurer werden.

Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen sprechen für Zinsanstieg und Kreditverteuerung

Von 2016 auf 2017 beschleunigte sich das BIP-Wachstum im Euroraum von 1,7% auf 2,5% und der IHS Markit-Einkaufsmanagerindex (Purchasing Managers Index (PMI, auch ISM Manufacturing Index – einer der wichtigsten Indikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, der sowohl Produktion als auch Dienstleistungssektor berücksichtigt) verzeichnete im Dezember 2017 einen Rekordwert. Das zeugt von guter Stimmung in der Privatwirtschaft des Euroraums. Die Firmen investieren und schaffen Arbeitsplätze. So ist auch die Arbeitslosigkeit von 12,1% im Jahr 2013 auf zuletzt 8,7% gesunken. Damit nähert sich der Wert schrittweise dem Vorkrisenniveau von 7,3%. Im Einklang mit steigenden Öl- und Rohstoffpreisen ist früher oder später mit Lohnanstiegen und höheren Inflationsraten zu rechnen. Derzeit gleicht noch der Dollarkursrückgang die Effekte steigender Ölpreise aus.

Doch sobald die Inflationsrate von 1,4% Richtung Stabilitätsziel der EZB von nahe aber unter 2% tendiert, sollte sich der im Zeitlupentempo befindliche Rückzug der EZB aus ihrer aggressiven Geldpolitik beschleunigen. Denkbar wären ein Stopp der Anleihekäufe bis Ende 2018, eine Normalisierung der negativen Einlagenzinsen für Überschussreserven der Banken bei der EZB von derzeit -0,40% Richtung 0% im 1. Quartal 2019 und letztlich eine erste Leitzinserhöhung in der 2. Jahreshälfte 2019.

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